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Archiv für den Monat Oktober 2022

Arbeit – welche Arbeit?

Vom 13. – 15. Oktober betritt das Institut für künstlerische Post-Migrationsforschung mit die aktivistische Bühne und macht Perspektiven sicht- und hörbar, die im Theater oft ausgeschlossen werden: Im TRIBUNAL DER ARBEIT verhandelt die Künstlerin Ülkü Süngün mit ihren Gästen illegale und illegitime Arbeit in Deutschland – und lädt das Stuttgarter Publikum als Zeug*innen ein. Den Auftakt bilden ein Vortrag sowie eine Gesprächsrunde.

Am Samstag, 15. Oktober, verhandelt das Tribunal illegale, illegitime, un- oder unterbezahlte Arbeit in Deutschland, die oft von Arbeitsmigrant*innen oder Geflüchteten verrichtet wird. Eingeladen sind Madgermanes, „Mall of Shame“-Demonstrantinnen, refugees4refugees-Aktivist*innen sowie Pflegekräfte und Erntehelfer*innen. Selbstorganisationen berichten über historische aber auch aktuelle Kämpfe von Arbeiter*innen, die sich gegen diese politisch ermöglichte Ausbeute wehren und notfalls vor Gericht klagen.

Arbeit – welche Arbeit? Eine Perspektive from below | Vortrag von Ellen Bareis am 13.Oktober 2022, 18:00 – 19:30

Was als Arbeit gesellschaftlich wahrgenommen wird, was mit diesem Begriff erfasst wird, erweist sich historisch und ethnographisch als sehr unterschiedlich, ist rechtlich meist jedoch sehr ordentlich kodiert. In der Gesellschaft, in der wir heute leben, setzen wir „Arbeit“ mit bezahlter Arbeit gleich, also mit Lohnarbeit oder Erwerbsarbeit.

Dazu zählen aber auch alle „atypischen Lohnarbeitsverhältnisse“, die rechtlich eher schwach abgesichert sind. Nicht nur prekäre Beschäftigung, sondern auch Zwischenverträge und Lockangebote, Abzocke und inhumane Unterbringung auf „Montage“.

Der Ansatz from below geht davon aus, dass Arbeit der Modus ist, in dem wir Gesellschaft hervorbringen: die Produktion von Gesellschaft from below.

Uns interessiert analytisch, wie „Arbeit“ so kolonialisiert werden konnte, dass Care-Arbeit, Beziehungsarbeit, Klimaarbeit, Gesellschaftsarbeit so unter Rechtfertigungsdruck geraten sind, dass sie nur noch unter „gesellschaftlichem Engagement“ verhandelt werden. Ist „Fridays for future“ Arbeit oder Engagement? Außer ich habe einen bezahlten Job in einer NGO?

Und noch mehr: Wenn diese Tätigkeiten als „Engagement“ und nicht als Arbeit verstanden werden: Was heißt das für all die Arbeit im Alltag, um überhaupt ein Leben organisieren zu können? Sei es auf der Flucht, in der Armut oder in einer privilegierten Situation. Kurz: Mit welcher Arbeit gestalten wir Gesellschaft und ihre Zukunft?

Ellen Bareis, Dr. phil., Professorin mit dem Schwerpunkt „Gesellschaftliche Ausschließung und Partizipation“ und Soziologie an der Hochschule Ludwigshafen, deren Vizepräsidentin sie auch ist. Sie studierte Gesellschaftswissenschaften in Frankfurt/M; promovierte in Frankfurt/M. über Konflikte, alltägliche Nutzung und Kontrolle in urbanen Shoppingmalls. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Alltag und soziale Kämpfe, die Produktion des Sozialen from below und Transformationen des Städtischen sowie Organisationsforschung, (Nicht-) Nutzungsforschung.


Beratung und Bildungsarbeit im Spannungsfeld von Gewalt und Solidarität

Vom 13. – 15. Oktober betritt das Institut für künstlerische Post-Migrationsforschung mit die aktivistische Bühne und macht Perspektiven sicht- und hörbar, die im Theater oft ausgeschlossen werden: Im TRIBUNAL DER ARBEIT verhandelt die Künstlerin Ülkü Süngün mit ihren Gästen illegale und illegitime Arbeit in Deutschland – und lädt das Stuttgarter Publikum als Zeug*innen ein. Den Auftakt bilden ein Vortrag sowie eine Gesprächsrunde.

Am Samstag, 15. Oktober, verhandelt das Tribunal illegale, illegitime, un- oder unterbezahlte Arbeit in Deutschland, die oft von Arbeitsmigrant*innen oder Geflüchteten verrichtet wird. Eingeladen sind Madgermanes, „Mall of Shame“-Demonstrantinnen, refugees4refugees-Aktivist*innen sowie Pflegekräfte und Erntehelfer*innen. Selbstorganisationen berichten über historische aber auch aktuelle Kämpfe von Arbeiter*innen, die sich gegen diese politisch ermöglichte Ausbeute wehren und notfalls vor Gericht klagen.

Beratung und Bildungsarbeit im Spannungsfeld von Gewalt und Solidarität | Gespräch mit Gergana Mineva und Rubia Salgado sowie Annita Kalpaka am 14. Oktober 2022, 15:00  – 19:00
Ausgehend von ihrer Beschäftigung im Feld der Bildungs- und Beratungsarbeit mit migrierten und geflüchteten Frauen* sehen sie sich mit vielen Fragen konfrontiert, die sie im Rahmen dieser Gesprächsrunde gemeinsam diskutieren wollen:

 Vor welche Herausforderungen sind wir gestellt? Welches Verständnis von Professionalität und Aktivismus in der Bildungs- und Beratungsarbeit teilen wir? Welche Widersprüche ergeben sich durch die
 Erwartungen und Aufträge an uns durch Fördergeber*innen und staatliche Instanzen aber auch durch die Adressat*innen und wie können wir mit ihnen umgehen? Inwieweit sind wir in unserer Tätigkeit selbst Teil von den herrschenden Gewalt-, Ausbeutungs- und Machtverhältnissen und reproduzieren diese? Und wie könnte eine widerständige Beratungs- und Bildungspraxis aussehen, die weniger systemstabilisierend, sondern kritisch, feministisch, antirassistisch, dekonstruierend und solidarisch ist?

 Die Veranstaltung soll einen Rahmen bieten, um sich im Geflecht von (postkolonialen, rassistischen und epistemischen) Macht-, Gewalt- und Ausbeutungsverhältnissen mit der eigenen Rolle als Pädagog*innen und Berater*innen/Sozialarbeiter*innen auseinanderzusetzen.

 Gergana Mineva und Rubia Salgado (das kollektiv / maiz) das kollektiv ist eine Organisation von und für Migrant*innen in Linz/Oberösterreich; es ist ein Ort der kritischen Bildungsarbeit, des Austausches, des Widerspruchs und der gemeinschaftlichen Gestaltung. Wir sind u.a. in der Erwachsenenbildung mit migrierten und geflüchteten Frauen* tätig, die am wenigsten über Privilegien verfügen. In das kollektiv wird seit 2015 die Bildungsarbeit von maiz fortgeführt.

Annita Kalpaka, Prof. i. R. an der HAW Hamburg, in den 1980er- und 1990er-Jahren aktivistisch tätig in antirassistischen und migrantisch-feministischen Frauenbewegungen und bei dem Aufbau gemeinwesenorientierter Stadtteilzentren und Antidiskriminierungsbüros in Hamburg. Zu ihren Schwerpunkten gehören u. a. Migrations- und Rassismusforschung, Rassismustheorien, Subjekttheorien, Lerntheorien vom Subjektstandpunkt, politische Bildungsarbeit, subjektbezogene Konzepte der Erwachsenenbildung.