Archiv

Uncategorized

Angeschlossen ans NFT (Netzwerk Freier Theater), ist das Theater Rampe erneut ein Ort der #TakeHeart Residenzförderung des Fonds Darstellende Künste im Rahmen von NEUSTART KULTUR. Zwei Monate lang widmen sich 12 Künstler*innen wieder ergebnisoffenen Forschungsprozessen: Labore, Recherchen und Konzeptentwicklungen:

Von 1. Januar – 28. Februar 2023: Alexander Sowa, Arbeit und Spiel

Alexander Sowa untersucht das politische Moment des Festes und des Spiels als Grundlage von Politik selbst.
Diese richtet ihre gesamte Energie allerdings auf die Arbeit, in deren Opposition die beiden anderen Bereiche
gerückt und als Freizeit entpolitisiert werden. Da es besser umgekehrt sein sollte, gilt es das Potential von Fest&Spiel nicht allein in der Unterhaltung und Ablenkung zu betrachten.

15.1. – 15.3.2023: Justyna Koeke, Looking for the background

Während des Stipendiums beschäftigte sich Justyna Koeke mit einem erweiterten Theater- und Bühnenbegriff. Die Fragestellungen, die sie dabei besonders interessierten waren: Welche Bühnensituationen können mit nur minimalen Eingriffen im öffentlichen Raum gesetzt werden? Wie kann der Blick der Zuschauer*innen entsprechend gelenkt werden? Welche Kontexte ermöglichen fruchtbaren interdisziplinären Austausch?

Hierfür ging Justyna Koeke auf zweierlei Arten vor: einerseits hat sie Personen anderer Berufsgruppen in ihr Atelier im Kunstverein Wagenhalle eingeladen, um gemeinsam über nachhaltige, temporäre Bühnenbilder sowie Experimentieren mit einer Vielzahl von Materialien und methodischen Ansätzen zu reflektieren – von Design, über Technik bis hin zu Alltagspraktiken. Andererseits suchte sie im Stadtraum nach vorhandenen Strukturen, um deren Qualitäten als „neue“ oder „zufällige“ Bühnen zu untersuchen.  Koeke setzte sich damit auseinander, wie Alltägliches transformiert werden kann und dadurch nicht nur die momentane Wahrnehmung der Zuschauer*innen geschärft wird, sondern wie eine nachhaltige Veränderung des Aufnehmens aller (alltäglichen) Lebensbereiche bewirkt wird.

Diese Bühnenbilder entstanden durch kleine Manipulationen bestehender Settings: ein trockener Baum im Park wird zu einer Skulptur, die zum Mittelpunkt der Aktion wird. Recherchen zu ökologisch nachhaltiger Materialnutzung und die Auflösung von Grenzen zwischen künstlerischen Sparten sowie die Aufhebung zwischen Kunst, Kunsthandwerk und Design stehen dabei im Fokus. Ziel ist eine Arbeitsmethode zu entwickeln, die das vorhandene nutzt und durch die Veränderung das kreative Potenzial der Imagination freisetzt.

Von 1.3. – 30.4.2023: Magda Agudelo, Der feiernde Körper

In unserer Kultur ist das Erreichen von Freude u. Ekstase häufig mit dem Konsum von Alkohol und Drogen verbunden. Durch welche anderen Wege u. Techniken können diese Gefühle erreicht werden? Bei der Recherche werden Musik und Bewegungsdynamiken gesammelt. Diese werden bei der Suche nach einem performativen u. partizipativen Format verwendet, welches das Erleben von Emotionen des Feierns fokussiert.

Robert Atzlinger, Was bleibt

Auf Friedhöfen untersucht Robert Atzlinger das Sichtbarmachen des Erinnerns, und dokumentiert Beispiele individueller, origineller Symbolik. Ergänzend sichtet er Kundmachungen, Annoncen und Nachrufe. Das Augenmerk gilt dem Sprachgebrauch beim Trauern und den Euphemismen. Die Erkenntnisse lässt Atzlinger mit persönlichen Erinnerungsobjekten und Familienerzählungen reagieren.

Niko Eleftheriadis, For a Change – Mein Leitbild für freies Arbeiten
Welche inszenatorischen und schauspielerischen Methoden, welcher Umgang mit Raum und Zeit im Theaterbetrieb, welche Produktionsabläufe braucht ein freier darstellender Künstler in Zukunft? Wie sorgt er für die eigenen ökologisch-solidarischen Arbeitsbedingungen? Aus der Perspektive des Einzelkünstlers erarbeitet Niko Eleftheriadis ein Leitbild für seine Praxis als Regisseur, Schauspieler und Autor.

Matriarchale Volksküche, Restrukturierung

Die Matriarchale Volksküche steht als Ökonomie der Sorge im Kontrast zur Ökonomie des Marktes und ist mehr als eine Antwort der Frauen auf Krisen: Sie stellt mit radikaler Herzlichkeit den existenziellen Rahmen, den Körper benötigen, um die Suppe auszulöffeln. Nun befragt sie die eigene Struktur und Ressourcen sowie die ihrer Schwestern*, um auch weiterhin kräftig auf den Tisch hauen zu können.

Fender Schrade, Träumen

Fender Schrade beschäftigt sich in dem Rechercheprojekt „Träumen“ mit der unbewussten sonischen Ebene im Schlaf und deren kreativer Wirkung im Kontext von Musik und Klang im Theater/Livekunst. Schrade recherchiert nach Praxen der sichtbar- und Erfahrbarmachung von sonischem Traumbewusstsein speziell im Bezug auf adhoc-Konzerte.

Ülkü Süngun, Aussetzen

Ülkü Süngün lädt dazu ein, die Institution Theater Rampe auszusetzen, um mittels interdisziplinärer Ansätze über die Utopie eines diversen und inklusiven Theaters nachzudenken: durch Strategien des Innehaltens, des Besetzens, Experimentierens wird die Institution zu Themen wie Hanau und rassistischer Gewalt sowie Erinnerungskulturen und intersektionalem Feminismus gestresst werden.

Cycy, Feuer, Feuer und Flamme
Feuer und Flamme ist eine performative Recherche zum Thema Feuer, zu Bewegungen und Narrativen, die im direkten Zusammenhang dazu stehen. Feuer prägt die Menschheit seit jeher und die Menschheit prägt die Welt durch Feuer. Feuer ist ein Mittel der Emanzipation, der Macht, der Vernichtung und des Neuanfangs. Die Gruppe CyCy plant sein performatives Potential freizulegen.


#takeheart

In einem Zeitraum von zwei bis vier Monaten betreiben 20 Künstler:innen seit Januar künstlerische, ergebnisoffene Forschung in Recherchen, Laboren oder Konzeptentwicklungen. Unter den Personen in Residenz sind diesmal auch Absolvent:innen künstlerischer Studiengänge. Der Fonds Darstellende Künste setzt im Rahmen von NEUSTART KULTUR das Förder-Modul für Künstler:innen fort, die im Netzwerk Freier Theater organisiert sind. Hier ein Überblick der Künstler:innen und ihrer Arbeiten:

Gruppe CIS – Die Gruppe – Das holistische Nest

1.1. -28.2.

Studien zum Gruppenverhalten bei Orkas zeigen, dass das Selbstbewusstsein des Einzelnen auf alle Individuen innerhalb einer Gruppe verteilt ist. Wie entsteht so ein Gruppenbewusstsein? Welche Strukturen produzieren welche Formen der Zugehörigkeit? Wie organisiert sich eine Gruppe immer wieder neu, um sich zu erhalten? Zur Sichtbarmachung von Gruppenprozessen hat sich im Laufe der Recherche Wasser als interessanter Ausgangsstoff herauskristallisiert. Ähnlich wie Wasser durchlaufen auch Gruppen unterschiedliche „soziale“ Aggregatzustände von flüssigen, festen oder gasförmigen Dynamiken. Gruppe CIS sucht nach diesen Verhältnissen zwischen Raum, Körper und Erzählungen, die eine Gruppe Mal fluide strömen, Mal chaotisch verdampfen oder kalt erstarren lassen. Um daraus performative Strategien zu entwickeln, agiert Gruppe CIS diese Zustände einerseits spontan improvisiert, andererseits entlang eines Regelwerks ritualisiert aus.

Alexander Sowa – Der Rote Süden

1.1. – 28.2.

Alexander Sowa erforscht die Geschichte des Stuttgarter Südens als Arbeiter:innen-Viertel und Zentrum kommunistischer Widerstandskämpfer:innen. Für diesen Teil der Geschichte ist die Stadt unbekannt, denn heute sind diese Spuren fast verschwunden. Um dem Vergessen der Akteur:innen und ihres wichtiges Einsatzes entgegenzuwirken, gilt es ihre Geschichten herauszufinden und nachzuzeichnen.

Justyna Koeke – Power of Flowers

15.1. – 15.3.

Justyna Koeke erforscht die Verwendung von Blumen für Kostüme. Die Auswirkung des Zusammenspiels von Körper und Bewegung auf die Blumen, der Prozess der Veränderung im Verblühen steht dabei im Fokus. Die Vanitas-Symbolik der verwelkenden Blumen soll Ausgangspunkt für eine feministische Forschung zu einer Auseinandersetzung mit dem alternden weiblichen Körper sein.

Magda Agudelo – Pusteblume Löwenzahn

1.2. – 31.3.

Was hat dazu geführt, dass manche Pflanzen, die besondere kurative und nahrhafte Eigenschaften haben, heutzutage nur als Unkraut wahrnehmen werden? Welche gesellschaftlichen Änderungen und Gewohnheiten führten dazu? „Pusteblume Löwenzahn“ skizziert performative Ideen über lokale Pflanzen und setzt sich dabei mit Gegensätzen und Ergänzungen vom akademischen und volkstümlichen Wissen auseinander.

Das Theater Rampe kann 20 Künstler:innen aus seinem Umfeld diese #TAKEHEARTRESIDENZ ermöglichen und begleiten.

Robert Atzlinger – Auf dem Kompost erfindet sich der Kürbis neu

1.3. – 30.4.

Die Pflanzenpopulation von Kleingärten soll erfasst werden, um Landkarten zu erstellen, die die Exemplare verorten sowie ihre Herkunft und Migration aufzeigen. Wie begegnen sich heimische und eingewanderte Exemplare? In die Gartengrundrisse fließen Erzählungen der Gartennutzer:innen ein: Die Vorgeschichten der Pflanzenexemplare, der persönliche Bezug, und die jeweilige Gartenphilosophie.

Anna Gohmert – Gescheite(rte) Familienplanung 

1.3. – 30.4.

„Gescheite(rte) Familienplanung“ ergründet, wann und warum von einer erfüllten oder unerfüllten Familienplanung gesprochen wird. Was wird kommuniziert und was wird verdrängt, runtergeschluckt, kaschiert oder gedeckelt? Sie widmet sich dem verwendeten Vokabular, wie und von wem die Familienplanung rezipiert wird.

Rafael Ossami Saidy – Bin Laden, mein Vater und ich (AT)           

1.3. – 30.4.

Ausgehend vom 11. September 2001 befragt Absolvent Rafael Ossami Saidy den deutschen Migrationsdiskurs. Schwerpunkt ist die Parallelität des „Kampfes gegen den Terror“ und die gleichzeitige Herausbildung des „Menschen mit Migrationshintergrund“, der nicht mehr „Ausländer:in“, aber auch noch nicht Deutsche:r zu sein scheint. Es entsteht ein multimediales und intertextuelles Panorama.

Jonas Bolle Handlungs(un)fähigkeit

 1.4. – 30.07.

Jonas Bolle setzt sich mit dem Paradox auseinander, wie Handlungsansätze in Situationen der Ohnmacht aussehen könnten. Wie kann eine offene und diskriminierungssensible Arbeitsweise als die genuine Arbeitskultur an Theatern etabliert werden, die Freiheit in der künstlerischen Praxis überhaupt erst ermöglicht?

Yolanda Gutierrez – Erinnerungsort Theater

1.4. – 31.05.

Der Erinnerungsort Theater – es befasst sich mit der Erinnerung, die wir an das Theater haben, wenn es nicht mehr da ist. Vorübergehend erfuhren wir als Gesellschaft während des Pandemie-Lockdowns, was es heißt, ohne Theater zu leben. Als Ort der Sehnsüchte und Erlebnisse wurde es vermisst. Was bleibt von dieser Erinnerung? Und was bedeutet Theater für unseren Alltag?

Klemens Hegen (Absolvent*in) – APOLOGETIC                                                        

1.4 – 31.07.2022

Absolvent Klemens Hegen untersucht Entschuldigungen von Cis-männlichen Personen und deren Bezug zu Männlichkeitskonstruktion und Feminismus anhand von persönlichen Reflexionen, Interviews und Literaturrecherche. Im Zentrum stehen Fragen nach den Elementen sorgsam und verantwortungsvoll formulierter Entschuldigungen, die zur positiven Transformation von Männlichkeitsbildern beitragen könnten.

Fender Schrade – Abschiedmusik

1.4. – 31.5.

Klang ist eine Tür zur Transformation. Mittels des 392, einem Musikinstrument und einer Technologie, um Künstler:innen verschiedener Genres gemeinsam sichtbar und hörbar zu machen, sollen Rituale des kollektiven Abschiednehmens erforscht werden. Dazu werden Performancenachlässe, aber auch zeitgenössische Spielorte und Arbeitsmittel sonisch untersucht; mit dem Ziel, Abschied als kreativen Teil eines Erneuerungsprozesses zu begreifen.

Lajos Talamonti – Wegen Tod vorübergehend geöffnet

 1.5. – 30.06.

„Wegen Tod vorübergehend geöffnet“ wird das Verhältnis der Affluent Society mit dem Tod erforschen, der gesellschaftlichen Dimension des Sterbens als verdrängter lebensbegleitender Aufgabe. Das Sterben deckt den Fehler im Betriebssystem Moderne auf: die Erwartung der Vermeidbarkeit macht das Sterben inakzeptabel. In der Hochburg der Arbeitsethik Stuttgart wird Loslassen und Vergessen geübt.

Kathrin Krumbein – TROSTN

1.7. – 31.08.

Wo soll ich die Tränen denn hin tun in dieser Stadt? Die Recherche legt die dramaturgische Grundlage im Hinblick auf neue Riten in bezug auf Abschied und Heilung, Entlastungs- und Troststrategien im öffentlichen Raum und begibt sich auf die Suche nach den Dehnungsfugen in der Struktur der Stadtgesellschaft, die den Prozess der Resilienz begünstigen.

Herbordt/Mohren Sprechstunde – eine künstlerische Sprechstunde

1.3. – 30.4.

Die künstlerische Recherche begibt sich in das Spannungsfeld praktischer Institutionenkritik und Kunstritual. Strategien des Teilens von Ressourcen, Wissen und Gegenwart sollen hier verflochten werden mit den Reflexionen um ein institutionelles Vermächtnis. Wie sind biografische Entscheidungen mit denen von Institutionen verbunden? Wovon berichten sich Institutionen, Nachbar:innenschaft, Kunst und Einzelpersonen? Wer analysiert? Wer wird analysiert? Was bleibt?

Julian Carly (Absolvent*in) – Aufarbeitung kollektiver Traumata einer Kindheit vorm Fernseher    

1.5. – 30.6.

Julian Mahid Carly untersucht alte TV-Formate seiner Kindheit und interessiert sich dabei für Details, Sehgewohnheiten und Anomalien, die ihn und sein künstlerisches Schaffen prägen. Als Fan, angehender Laiendarsteller, Drehbuchautor und Wutanfallhaber dekonstruiert er Bewegtbilder einer vergangenen Zeit um herauszufinden, wie man mit ihren toxischen Altlasten szenisch produktiv umgehen kann.

Amanda Lasker-Berlin (Absolvent*in) – Im Müden und im Stillen gelingen Heldinnen am besten auf Papier

1.5 – 30.6.

„Wer hat dafür gekämpft, dass ich lesen und schreiben lernen durfte, wer dafür, dass ich wählen kann, wer dafür, dass ich studieren durfte? Wer waren die Frauen, die für mich gekämpft haben und die ich nicht verehre, weil ich nie von ihren gehört habe?“, fragt Amanda Lasker-Berlin und macht sich auf die Suche nach verblassten Spuren, um daraus Altäre und Luftschlösser zu bauen  

Andreas Vogel – Wechselwirkungen von Theater und Livepräsentation von Pop- und Rockmusik

1.6. – 31.7.

In Gesprächen mit diversen Kulturschaffenden aus Theater und Live-Popmusik will Andreas Vogel der Frage nachgehen, wie die unterschiedlichen Perspektiven auf die jeweils andere Kunstform sind und für was sie stehen. Es soll ein Archiv aus Interviews und Filmbeispielen entstehen, das die Differenzen und Übereinstimmungen von Theaterinszenierungen und Pop-Events ab- bzw. herausbildet.

#takeheart

Bei WUNDERLAND begeben sich die apokalyptischen tänzerin*nen gemeinsam mit der feministischen Influencerin Alice auf einen musikalischen, performativen Roadtrip. Im folgenden beantwortet das Kollektiv einige Fragen zum Stück.

Mit diesem Stück geht die Zusammenarbeit des Kollektivs mit Mugetha Gachago (*2009) in die dritte Runde. In diesem ersten Stück des Stuttgarter Autors steht der Ort Wunderland im Mittelpunkt. Dort ist nichts, wie es scheint und vieles ver-rückt. Ver-rückt ist hier ganz wörtlich gemeint – etwas aus dem Zentrum verschoben, nicht ganz zentriert. Gemeinsam mit der Komponistin Sara Glojnarić entwickelt Gachago eine, das Bühnengeschehen begleitende, unterwandernde, überschreibende, Symphonie des Alltags.

Was können die Zuschauer*innen vom Stück erwarten – eine moderne Alice-im-Wunderland-Geschichte?

Es steckt natürlich viel mehr dahinter. Für WUNDERLAND leiht sich der Autor Mugetha Gachago Figuren und Teile der Handlung des Weltbestsellers „Alice im Wunderland“. Er überschreibt diese Vorlage mit neuen Assoziationen, reichert sie an, um auf der Schablone etwas über das Erleben der Realität zu erzählen. Gachagos Text stellt binäre Moralvorstellungen in Frage. Gut und Böse werden ad absurdum geführt und in ihrer Antiquiertheit entlarvt.

 Woher stammt die Idee für dieses Stück?

Das ist unsere dritte Zusammenarbeit mit Mugetha Gachago und die erste bei der er als alleiniger Autor auftritt. Zurück geht diese Aufteilung auf ein Gespräch nach following mo, einem subjektiven Stadtspaziergang durch Stuttgart, bei dem sich Mugetha Gachago als Autor zu erkennen gab. Wir, die apokalyptischen tänzerin*nen hatten bis dahin noch nie mit einer externen Autorin*nen Position zusammengearbeitet und diese Erfahrung reizte uns. Gachago traf die Wahl, „Alice im Wunderland“ zu bearbeiten und entschied sich aber von vornherein für WUNDERLAND als Titel, um zumindest subtil zu erkennen zu geben, dass es sich um eine Bearbeitung handelt.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Mugetha Gachago zustande?

Wir haben uns im Rahmen eines Kostümworkshops kennengelernt. Für unser Projekt forever apocalyptic (2018), haben wir Kinder eingeladen, Kostüme von ausgestorbenen Tieren für uns zu designen. Mugetha Gachago hat die Vorgabe sich als Art Director zu sehen direkt verstanden und entsprechend Aufgaben sehr gut delegiert. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und so kam es dann zu dem Projekt following mo.

In der Stückbeschreibung heißt es, WUNDERLAND sei aus dem Zentrum verschoben und nicht ganz zentriert. Was ist damit gemeint?

Einer der ersten rahmengebenden Sätze, die Mugetha Gachago mit uns geteilt hat zu Wunderland war: „Nichts ist, wie es scheint.“ Damit ist gemeint, dass nichts eins zu eins unseren Erwartungen entspricht, gut ist mindestens genauso viel böse, und manche Dinge stehen einfach Kopf, zumindest im Verhältnis zu unserer Realität – denn in Wunderland ist Autofahren etwas richtig Gutes.

Welchen Sinn hat die Blume des Lebens im Stück, die hier Gegenstand der Suche ist.

Von der Blume des Lebens ist das ganze Leben Wunderlands abhängig. Dementsprechend gibt es ein übersteigertes Interesse an ihr. Die Suche nach ihr treibt die Geschichte voran. Gleichzeitig führt sie ein ausschweifendes Eigenleben, ist Mutter und hält den Burger-Rekord.

Für welche Zielgruppe ist WUNDERLAND?

Die Anfangszeiten sind sehr unterschiedlich, weil wir ein möglichst breit aufgestelltes Publikum ansprechen wollen. Die Altersempfehlung ist ab 10 Jahren, aber das Stück ist nicht explizit oder ausschließlich für Kinder. Außerdem gibt es am 4. Dezember vor der Vorstellung eine Bühnenbegehung/Touchführung und einen Artist Talk für blindes und sehbehindertes Publikum.

Foto: Dominique Brewing

In Koproduktion mit FREISCHWIMMEN – eine Plattform für Performance und Theater von brut Wien, FFT Düsseldorf, Gessnerallee Zürich, HochX München, LOFFT – DAS THEATER Leipzig, Schwankhalle Bremen, Sophiensæle Berlin und Theater Rampe Stuttgart. In Kooperation mit dem Theater Rampe und dem Theaterhaus Stuttgart.

Freischwimmen

This piece (which will premier at Theater Rampe on October 28, 2021), like a lot of work being shown at the moment, was written for the most part during the pandemic, which in my case at times lent the research and writing a kind of hallucinatory dérive. The fictional premise is built upon a big patchwork of thoughts and quotes, stitched together more than anything by the spirit of one of Marguerite Duras’ last novels, Summer Rain (excerpts below in bold). 

– Ant Hampton – September 2021

____

Cest très…. très difficile à exprimer, Monsieur, je mexcuse…  ce que je peux dire cest que nous sommes des enfants dune façon générale, vous voyez.

„It’s very…. very difficult to express, sir, I apologise… what I can say is that we are children in a general way, you see.“

. . . . .

In Wenders’ film ‘Der Himmel über Berlin’ (Wings of Desire), the angels walk around observing us, collecting anecdotes from our daily lives, and meeting in car showrooms to share their notes with each other.  As they move around, they’re invisible – but not to children. It’s like the kids are their easygoing allies, with eyes, feet and agency in both real and spiritual spaces. And yet, in a kind of corollary to the angels’ inability to experience anything more than a view onto mortal life, we know that kids usually don’t get to pull the levers in how society works (the starting point for Darren O’Donnell’s great book ‘Haircuts by Children’, quoted at the beginning of Two Adults and a Child). I started to imagine today’s children gathering, like the angels, and tried to imagine what their notes might be like.

. . . . .

Ernesto était censé ne pas savoir encore lire à ce moment-là de sa vie et pourtant il disait quil avait lu quelque chose du livre brûlé. Comme ça, il disait, sans y penser et même sans le savoir quil le faisait, et puis quensuite eh bien quensuite, il ne s’était plus rien demandé ni sil se trompait ni sil lisait en vérité ou non ni même ce que ça pouvait bien être, lire, comme ça ou autrement. Au début il disait quil avait essayé de la façon suivante : il avait donné à tel dessin de mot, tout à fait arbitrairement, un premier sens. Puis au deuxième mot qui avait suivi, il avait donné un autre sens, mais en raison du premier sens supposé au premier mot, et cela jusqu’à ce que la phrase tout entière veuille dire quelque chose de sensé. Ainsi avait-il compris que la lecture c’était une espèce de déroulement continu dans son propre corps dune histoire par soi inventée.

At this point in his life Ernesto was not yet supposed to be able to read, however he did say that he’d read something from the burnt book. Just like that, he said, without thinking about it, without even knowing he was doing it, and that afterwards, well, afterwards, he didn’t ask himself whether he was wrong, or whether he was really reading or not, or even what it might be, to read, like this or otherwise. At first he said that he’d begun like this: he would assign, to any given outline of a word, quite randomly, a first meaning. Then he gave the second word that followed that another meaning, but one that was due to the first word’s assumed first meaning, and so on until the whole sentence ended up making some kind of sense. In this way he had understood that reading was a kind of continuous unfolding of a self-invented story, inside of one’s own body.

. . . . .

About ten years ago I used a residency in Helsinki to try and find a way to let the two main characters in Waiting for Godot speak in a way that for me could make sense. They ended up whispering. I could imagine them singing (that doesn’t happen in the play), but not speaking out loud.

. . . . .

Quelquefois les brothers et les sisters, on dirait des petits animaux agglutinés les uns aux autres dans le sommeil, leurs cheveux les recouvrent de blondeur, leurs petits pieds sortent de dessous le tas. Quelquefois ils sont épars comme des petits enfants quon aurait jetés là dans un coin. Quelquefois on dirait quils ont cent ans, quils ne savent plus rien de comment on vit, de comment on joue, de comment on rit. [] Ils pleurent tout bas. Ils disent rien de ça quils pleurent, mais rien. Ils disent : cest rien, ça va passer.

Sometimes the brothers and sisters look like little animals clumped together in sleep, covered in blondness by their hair, little feet sticking out from under the pile. Sometimes they’re scattered like little kids someone’s thrown into a corner. Sometimes it’s like they’re a hundred years old, like they no longer know anything about how we live, how we play, how we laugh. […] They cry softly. They don’t say anything about that, that they’re crying, nothing at all. They say: it’s nothing, it will pass.

. . . . .

From „Poetics of childhood in Marguerite Duras“ by Anne Cousseau:

In the last sentence, a direct quotation from the „brothers and sisters“, we find the same type of grammatical incorrectness as in the previous sentences, as if the narration reproduced childlike speech. And yet the use of the adjective „scattered“ testifies to a certain lexical research that cannot be attributed to children: a curious mixture, here again, that plays on the mimicry of childish speech, while ostensibly maintaining a certain distance between the narrator and the characters. 

. . . . .

In 2008 a job led me to work with the writer and philosopher Mladen Dolar. This is from what he wrote that year:

The voice is an invisible bodily missile, it consists in the mere passage from an inside to an outside, thereby producing both. It is itself neither inside nor outside, but in the transition, in the passage, in the extension. Its intension is its extension. But the voice is not on either side, it is what both enables this division and blurs it, it produces it and makes it paradoxical. There is a beautiful passage in Beckett, in The Unnamable:

“… I’ll have said it, without a mouth I’ll have said it, I’ll have said it inside me, then in the same breath outside me, perhaps that’s what I feel, an outside and an inside and me in the middle, perhaps that’s what I am, the thing that divides the world in two, on the one side the outside, on the other the inside, that can be as thin as foil, I’m neither one side nor the other, I’m in the middle, I’m the partition, I’ve two surfaces and no thickness, perhaps that’s what I feel, myself vibrating, I’m the tympanum, on the one hand the mind, on the other the world, I don’t belong to either”.

. . . . .

Les enfants, c’étaient des gens comme ça, qui comprenaient quon les abandonne. Sans comprendre, les enfants, ils comprenaient. Sans comprendre labandon, ils le comprenaient. C’était en quelque sorte naturel. Quon ait ce mouvement dabandonner les enfants à un moment donné, douvrir les mains et de lâcher, c’était naturel. Eux, leurs billes les plus belles, ils les perdent, alors. C’était aussi naturel quils sagrippent à la mère, quils ne veuillent pas la lâcher. Eux, les brothers et les sisters, ils avaient encore dans la tête les espaces des premiers âges. Des espaces sombres, des peurs inintelligibles, inconsidérées, dautoroutes désertes par exemple, dorages, de nuits noires, de vent. Allez voir ce que ça dit certaines fois le vent, ce que ça crie.

The children, they were like that, people who had understood that we abandon them. Without understanding, they understood, the children. Without understanding abandonment, they understood it. It was somehow natural. That we have this movement of abandoning children at a given moment, of opening one’s hands and letting go – it was natural. So they lose their most beautiful marbles. It was as natural for them to cling to the mother, not wanting to let her go. They still had the spaces of the first years in their heads, the brothers and sisters. Dark spaces, unintelligible, mindless fears, of deserted motorways for example, of storms, of dark nights, of wind. Go and discover what the wind sometimes says, what it shouts.

. . . . .

I’m with Rita (who as dramaturg has shaped this piece importantly) talking with her father Alan Pauls – a writer and critic from Argentina – about Greta Thunberg, who to our surprise he’s never heard of. A few weeks later Rita shares a new text he has written. 

„This is all wrong,“ she said last Friday in New York: „I shouldn’t be here. I should be at school, on the other side of the ocean.”

She was repeating Brecht’s heartbreaking dictum, in her own way:  „Wretched is the country that needs heroes“. It is another milestone on the heroic path: the moment when the hero discovers that her existence is not the solution to an unjust state of affairs but its symptom, its most decisive proof. In normal times, heroes are nature taken to its extreme limit.

Child heroes, on the other hand – and this is perhaps what makes someone like Greta Thunberg so fascinating – are an incongruity, a kind of aberration, an unnatural freak phenomenon. As unnatural as parents burying their children.

__

With thanks to Mladen Dolar (quote from his work for Manifesta 7, “The Voice and the Fortress”, 2008), and to Alan Pauls for his text “Niños héroes”, available at tinyurl.com/4b7u3jnz

Als Gründungsmitglieder:innen der Stadt der Frauen* in Esslingen (Theater Rampe, 2018) sind Paula Kohlmann, Sabrina Schray und die Matriarchale Volksküche seit 2019 im Gespräch mit dem Team des Atelierhauses „Condominio Cultural“ in São Paolo über die Idee einer Gründung der Cidade de mulheres* in São Paolo.

Die Pläne, das feministische Festival fortzuführen und als Plattform in Brasilien weiterzudenken, wurden durch die Covid19-Pandemie unterbrochen. Der Austausch und damit die Vorbereitungen für eine Cidade das mulheres* wurden Ende 2020 kurzerhand ins Virtuelle verlegt und sollen als Grundlage für einen realen Austausch 2022 dienen.

Zum Auftakt trifft das Condô Cultural auf die Matriarchale Volksküche, eine Künstler:innen-Gruppe aus Stuttgart. Gemeinsam skypen und filmten sie sich bei einer transatlantischen Kochsession zwischen São Paulo und Stuttgart inmitten der Pandemie. In einer Zeit, in der gemeinsames Essen selten und riskant geworden ist, bringen sich die beiden Kollektive gegenseitig ein traditionelles Gericht aus der jeweiligen Region bei. Auf dem Speiseplan: brasilianische Pamonha und deutsche Kartoffelpuffer. Während viele köstliche Texturen von dampfenden Pasten in die Kamera gehalten werden, tauschen die Köch:innen Wissen, Klatsch und Rituale rund ums Essen aus und lernen, sich an die unterschiedlichen Verfügbarkeiten von Zutaten und Werkzeugen anzupassen und zu improvisieren.

Video und Rezepte Pamonha und Kartoffelpuffer mit Apfelmus: https://condo.org.br/en/city-of-women/

Das Condôminio Cultural – ein Gemeinschaftszentrum und Atelierhaus in der ehemaligen Favela Vila Anglo Brasileira in São Paulo arbeitet seit mehreren Jahren in einem mehrheitlich femininen Zusammenschluss von Künstler:innen an einer gemeinschaftlichen Überlebensstrategie aber auch zusammen mit der Nachbarschaft, die sich als Drogenumschlagplatz von Gewalt bedroht sieht. Angesichts der globalen Krise, die durch die Pandemie ausgelöst wurde, startete das Condô im März 2020 eine Reihe von Nothilfemaßnahmen aus Solidarität mit den Nachbar:innen und Communities, die für Aktionen von Regierung und größeren Organisationen unerreichbar sind, wie z. B. Obdachlose und indigene Communities. 

Die Matriarchale Volksküche wurde im Rahmen der Stadt der Frauen in Esslingen von Surja Ahmed, Sabrina Schray, Kristina Fritz, Marcela Majchrzak und Jessica Lipp gegründet. Seit 2018 realisieren sie verschiedene Küchen-, Dinner- und Diskurs-Situationen, in denen die Gäste beim gemeinsamen Kochen und Essen diskutieren über die ökonomischen, sozialen und politischen Dimensionen von Lebensmittelverteilung, Essenszubereitung und unsichtbarer Care-Arbeit.

Danke für die finanzielle Unterstützung an das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen).

Die belarussische Oppositionsführerin Maria Kalesnikava wird am Sonntag in Stuttgart – in Abwesenheit – mit dem Menschenrechtspreis der Gerhart und Renate Baum Stiftung ausgezeichnet. Die Verleihung findet im Rahmen des ECLAT Festival Neue Musik Stuttgart (3. – 7. Februar) statt, das die Künstlerin in den letzten Jahren begleitet hatte. Noch bis Sonntag ist die Ausstellung „Belarus. Der Weg zu sich selbst” zu sehen, die Aktivist*innen der belarussischen Gemeinde in Baden-Württemberg organisieren.

Sie versammelt Werke und Projekte belarussischer Künstler*innen, die nicht nur kulturelle Besonderheiten des Landes thematisiert, sondern auch die Schwierigkeiten, mit denen die dortige Bevölkerung aktuell konfrontiert ist. Mit der Sprache der Kunst möchten sie den Besucher*innen mehr über Belarus, die Wende und die ästhetische Auseinandersetzung mit den brutalen Realitäten des Landes vermitteln.

Eine spätere Umsetzung dieser Ausstellung im Foyer des Theater Rampe ist angedacht.

Link zur Ausstellung: https://portal.eclat.org/exhibition/urbild/

Weitere Informationen: http://kub-verein.de/belarusderwegzusichselbst

Mehr zum ECLAT-Festival: https://eclat.org/

Das THEATRE OF THE LONG NOW dehnt sich nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich aus – wie immer sehr langsam: Eine Baumreihe wird als Vorstellung von Zukunft gepflanzt und vorgestellt. Es wäre möglich, dass dem einen oder anderen die dabei entstehenden Szenen bekannt erscheinen. Künstler*innen der Wagenhalle stellen sich vor – auch als Teil der mindestens 100-jährigen Vorstellung des Theaters. Verträge werden geschlossen, neue Allianzen geknüpft und eine utopische Zukunft beschworen. Der Weg dahin führt einmal quer durch die Container City.

Der neue Audiowalk entstand während der VERLÄNGERUNG im Jahr 2019 und ist nun permanent auf dem Gelände des THEATRE OF THE LONG NOW und der Fläche der Containercity installiert. Der Startpunkt der elf Stationen am Rande der Theaterbrache, dort wo die Hedwig-Dohm-Straße von der Haltestelle „Pragfriedhof“ auf die Brache trifft, ist gut erkennbar an dem gelben Schild. Per QR-Code ist der Audiowalk 24/7 zugänglich und kann individuell besucht werden, Vorstellungsdauer sind ca. 40 Minuten.

Was brauchst Du?
Ein Smartphone mit mobilem Internet und QR-Code-Reader, sowie Kopfhörer. Falls Dein Handy kein QR-Code Reader hat, können die jeweiligen Web-Adressen im Browser von Hand eingegeben werden (Anweisung auf den Schildern.)

Ort:
Kunstverein Wagenhalle e. V. / Brache bei der Container City
Innerer Nordbahnhof 1
70191 Stuttgart
Deutschland


Das THEATRE OF THE LONG NOW ist das Versprechen, auf einer Brachfläche in Stuttgart eine mindestens 100 Jahre andauernde Aufführung stattfinden zu lassen. Es hat kein Dach, aber ein Ensemble. Es ist eine Institution, aber nirgendwo rechtlich erfasst. Es hat Zuschauer, aber weder ein Mensch noch ein Tier wird je die ganze Aufführung erleben. Das THEATRE OF THE LONG NOW ist sehr langsame Aktionskunst. Das THEATRE OF THE LONG NOW ist eine Produktion von Hertel+Ferl und dem Bureau Baubotanik in Zusammenarbeit mit Kunstverein Wagenhalle e.V. und dem Theater Rampe.


Gefördert durch das Kulturamt der Stadt Stuttgart, dem Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende
 Baden-Württemberg e.V. sowie dem Förderprogramm urbanes Grün des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung der Stadt Stuttgart.

Stuttgart, 24.6.19

Über die Brachfläche des THEATRE OF THE LONG NOW

Brachflächen sind das letzte freie ökologische und kulturelle Potential unserer Städte und ihrer urbanen Räume. Auf bestehenden Parkanlagen und anderen grünen Infrastrukturen lastet bereits ein hoher Nutzungsdruck, welcher durch Landflucht, Investitionen und Spekulationen in die bauliche Infrastruktur und den Bedarf an lokaler Naherholung als auch durch den Tourismus weiter zunehmen wird.

Das THEATRE OF THE LONG NOW an der Wagenhalle in Stuttgart verkörpert das Versprechen, auf einer Brachfläche eine mindestens 100 Jahre andauernde Theateraufführung stattfinden zu lassen. Teil dieser Aufführung sind Wachstumsprozesse, Bauprozesse, soziale, politische und performative Prozesse. Es theatralisiert eine künstlich angelegte Brachfläche auf dem Areal der Wagenhalle in Stuttgart. Mittels baubotanischen und performativen Eingriffen reagieren die Künstlerinnen Alice Ferl und Stine Hertel mit den Architekten des Bureau Baubotanik auf die Entwicklung der Brache insgesamt und gestalten diesen Prozess mit. Die Brache als vermeintliche Leerstelle im urbanen Kontext wird so zu einem Handlungsspielraum und Ort kultureller Verhandlung.

Im THEATRE OF THE LONG NOW gibt es unzählige Beteiligte, welche diesen Prozess beeinflussen und damit mitbestimmen. Darunter der Boden, Pflanzen und Insekten, Steine und Mineralien, technische Einrichtungen aus Metall und eine Schildkröte, welche die Langfristigkeit der Zeit verkörpern. Mindestens ein junger und ein alter Mensch garantieren die Generationenfolge. Das Wetter und der Kostendruck, mangelnde Solidarität und manchmal nicht nachvollziehbare politische Entscheidungen sind ebenso entscheidend für den Verlauf der Vorstellung, wie das Durchhaltevermögen verschiedenster Institutionen, die dieser Vorstellung eine Struktur geben. Der weitere Verlauf der Vorstellung ist momentan noch nicht absehbar, da einige Beteiligte ihren Platz noch nicht eingenommen haben, oder noch nicht von der Intendanz entdeckt worden sind.

Beiratsgründung

Um dieser Verhandlung des THEATRE OF THE LONG NOW einen konkreten Rahmen zu geben, gründet sich in diesem Jahr ein Beirat, der es sich zum Ziel setzen will, die zukünftige Entwicklung der Brache mit ihren bereits aktiven Beteiligten aktiv mitzugestalten und zu begleiten. Um es nicht mit Unbekannten zu tun zu haben und die allgemeine Interessenlage der betroffenen Parteien nachvollziehen zu können, dient diese Präambel der Vorstellung eines noch unvollständigen Gefüges aus Beteiligten, Handlung und Versprechen, die den bisherigen Zustand dieser Brachfläche charakterisieren und hoffentlich auch zukünftig ausmachen werden. In diesem Gefüge an Beteiligten, welche sich dem mindestens 100-jährigen Fortbestehen der Brache als THEATRE OF THE LONG NOW verschrieben haben, können nicht alle für sich selber sprechen. Die Beteiligten und zu Vertretenden sind aktuell: Die Pflanzen, das Gestein, die Insekten, die Tiere, die Bakterien & Pilze, die Fläche, die Brache, der Boden, die Ökologie, der Kunstboulevard, das Theater, die bildende Kunst und die darstellende Kunst, die Kulturtechnik, die Pflege und der Freiraum.
Hierfür sind wir auf der Suche nach Repräsentierenden, die sich durch einen
Perspektivwechsel auf die Bedürfnisse der ihr zu vertretenen Beteiligte einlassen möchten und diese vertreten können.

Ziel:

Der Beirat soll zum „engagierten Backstage“ des THEATRE OF THE LONG NOW werden, um ganz konkret dafür zu sorgen, dass dieses Theater jetzt, morgen und übermorgen und auch in 95 Jahren noch als ein offener Freiraum existieren kann, mit dem sich JETZT arbeiten lässt, weil wir JETZT die Organisationsstrukturen experimentell austesten, damit sie sich verstetigen lassen. Es geht darum, Ansprechpartner*innen aus verschiedensten Fachrichtungen zu Wort kommen zu lassen, um sie im gelungensten Fall als „Gefährten“ für das THEATRE OF THE LONG NOW zu gewinnen.

Mehr Infos unter: https://theaterrampe.de/stuecke/the-theatre-of-the-long-now

THEATRE OF THE LONG NOW

Brache bei der Container City
Innerer Nordbahnhof 1
70191 Stuttgart

stadt stuttgart urbane gärten logo

10 Tage waren wir mit unserem „Volks*theater“-Bauwagen auf dem Marienplatz und haben alle, die uns dort begegnet sind, gefragt: Was für ein Theater wollt ihr ? Was kann Theater alles sein? Kann es sowas wie ein Volks*theater heute noch geben? Wie sähe das aus?

Mehr göttliche Komödien // Wir wollen mehr Schweinchentheater //Ein Theater mit mehr Zusammenhalt// I want theatre which adresses people of colour and feminst Mums//Theater? – Ja, schwierig!//: I want to get paid. // Ich würde selber lieber Konzerte geben// Theater auf Augenhöhe und nicht zu artsy

Und jetzt laden wir kurze Ausschnitte aus den Gesprächen, Ideen und Beispielen vom 25.6.-29.6. auf die Bühne des Theater Rampe ein – und Sie / Euch dazu!

Wir hoffen, dass wir die vielen auf dem Marienplatz geknüpften Fäden bei uns im Theater neu verknoten können.

VOLKS*THEATER KALENDER

25.6., 20 Uhr // Volks*theater trifft Matriarchale Volksküche
Theorie und Praxis für ein neues Volks*theater. Wir kochen und essen gemeinsam auf der Bühne. Input von: Hanna Noller und Sebastian Klawiter (Stadtlücken) über den öffentlichen Raum und von Samira Messner über Diversität und Öffnung von Institutionen. Ab 19 Uhr beginnt das gemeinsame Schnibbeln und Piroge-Kneten mit der „Matriarchalen Volksküche“: ein Topf Eintopf.

26.6 und 27.6., 20 Uhr // Volks*theater Praxis: Das Herzstück.
Pro Abend tragen 6-8 Gäste aus der Nachbarschaft ihre Ideen, Beispiele für oder Gedanken über ein neues Volks*theater vor: Musik, Performance, Text, Kritik. Mit: Mehdi Tavoli, Helga Brehme, Kirsten Schulze und Charles Urban, Dahab Borke, Magda Agudelo, Carmen Stürmer, Thorsten Puttenat und Martin Zentner, Tatjana Milicevic, Philine Pastenaci, Kathrin Wegehaupt, Alex Sowa, Robert Atzlinger, Bureau Baubotanik, Yago Brasil, u.a.

28.6., 20 Uhr // offene Denkwerkstatt Volks*theater: Wie geht es weiter?
Hier laden wir alle ein, die dem Volks*theater verbunden bleiben wollen. Gemeinsam mit einer Mediatorin entwickeln wir eine Zielvorstellung für ein Volks*theater in der nächsten Spielzeit und lernen Methoden dafür. Offen für alle: für Zuschauer*innen, Interessierte, Beteiligte.

29.6., 18-21 Uhr// Volks*theater meets Sommerrampe
Ausstellung, Sommer-Hocketse und Open Mic. Ab 15 Uhr beginnt unser Saisonabschluss-Fest.

 

Mehr: https://theaterrampe.de/stuecke/volkstheater-rampe

 

Paula und Nina.

Seit zehn Tagen stehen wir mit einem mobilen Volks*theater-Büro auf dem Marienplatz und kommen  täglich mit verschiedensten Menschen ins Gespräch: Was für Orte nutzt Du in Stuttgart?
Welche in unserer Nachbarschaft? Was sucht Du dort? Was fehlt Dir? Gehst Du uns Theater? Wieso nicht? Welche Themen fehlen? Fühlst Du Dich auf der Bühne repräsentiert? Und muss das sein?

Hier einige Antworten:
„Mehr göttliche Komödien“
„Wir wollen mehr Schweinchentheater“
„Ein Theater mit mehr Zusammenhalt“
„I want theatre which adresses people of colour and feminist Mums.“
„Theater? – Ja, schwierig!“
„I want to get paid.“
„Theater ist genauso gut wie Kino“
„Ich würde selber lieber Konzerte geben“
„Für authentisches Theater mit interessanten Frauenrollen!“
„Theater auf Augenhöhe und nicht zu artsy“

Und weil es Ende der Spielzeit ist:
„Ich will kein Theater, ich will Urlaub!“

Noch bis 7.6.2019 auf dem Marienplatz in S-Süd: das mobile Volks*theater-Büro