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Archiv des Autors: kuhlerampefsj

Ab Januar 2021 sind 13 Künstler*innen am Theater Rampe in Residenz. Sie nutzen jeweils bis zu acht Wochen des vermeintlichen Stillstands für Recherchen und zur künstlerischen Weiterentwicklung. Sie vertiefen nachhaltig ihre ästhetischen Fragestellungen, erschließen sich Felder oder Methoden, setzen Impulse für das postpandemische Theater. Wozu im produktionsorientierten Kulturbetrieb sonst kaum zeitliche, räumliche oder finanzielle Ressourcen verfügbar sind, dazu ist hier Gelegenheit.

Der Fonds Darstellende Künste hat im Rahmen seines Programms #TAKETHAT ein Förder-Modul für Künstler*innen-Residenzen an Theaterhäusern eingerichtet, die im Bundesnetzwerk FLAUSEN+ organisiert sind. So kann auch das Theater Rampe 13 Künstler*innen aus seinem Umfeld diese #TAKECARERESIDENZ ermöglichen und begleiten.

Die Residenzen finden digital oder analog statt. Wir werden hier darüber weiter berichten. Das sind die Künstler*innen und ihre Vorhaben:

Céline Papion

Recherche – Musik in Bewegung

Seit Jahren entwickelt Céline Papion ihre Arbeit als Cellistin in Richtung “Neues Musiktheater”, hin zu einer eigenen performative Sprache basierend auf dem Prinzip der „sichtbaren Musik“. Zur Frage nach Körper und Komposition wird sie während der Residenz recherchieren und ihre performative Praxis erweitern.

Philine Pastenaci

Am unteren Rand

Philine Pastenaci führt Interviews mit Menschen am Rand der Gesellschaft: mit Obdach-, Wohnungs- und Langzeitarbeitslosen spricht sie über ihre Lebensrealität, die sich seit der Coronakrise stark verändert hat. Die Recherche soll in eine Audio-Arbeit fließen und ggf. in ein Skript, die Grundlage für eine Neue Musik-Komposition werden kann. Sie möchte damit die oft nicht sichtbaren Geschichten hörbar machen.

Laura Schilling

Im Blick der Öffentlichkeit

Laura Schilling widmet sich einer szenischen Recherche dem „Lübcke-Prozess“, den sie am OLG Frankfurt beobachtet hat: Wie übersetzt sich das rechtliche Geschehen in künstlerische und gesellschaftliche Resonanzräume? Das Theater als „andere“ Öffentlichkeit dient als Raum der Orientierung für die Frage: Wie kann man der Normalisierung rechter Diskurse entgegentreten?

Justyna Koeke

Age and the City

Justyna Koeke recherchiert zu älteren Frauen im öffentlichen Raum. Besonders nachts zeigt sich die Abwesenheit und Ängstlichkeit der älteren Generation deutlich. Die Künstlerin sucht nach Formaten, die dagegen wirken können. Geplant sind neben Interviews auch Interventionen im nächtlichen Stadtraum: Abendspaziergänge, Fotografieren, und Kostümentwicklungen, die Frauen ermutigen.

Ülkü Süngün

KulturKanakisierungsKommission

Ülkü Süngün möchte Stuttgarter Kulturinstitutionen kritisch unter die Lupe nehmen: Wird überall, wo Diversität draufsteht, auch Diversität gelebt? Eine umfassende Recherche und die Gründung einer KulturKanakisierungsKommission sollen helfen, Strukturen zu hinterfragen, Räume zu öffnen und rassismuskritische und dekolonisierende Praktiken zu stärken sowie ein erweitertes WIR zu konstituieren.

die apokalyptischen tänzerin*nen  –  Jasmin Schädler & Sara Glojnarić

Über-Setzen

Sara Glojnarić und Jasmin Schädler erforschen im Rahmen ihrer Residenz die Performativität des Übersetzens. Die Übersetzung wird zum künstlerischen Ausdruck – musikalisch, sprachlich und als Mittel der Intervention. Demgegenüber steht eine kritische Befragung gängiger Übersetzungspraxis. Sie erarbeiten während der Residenz übersetzungskritische Performance-Skizzen. 

Surja Ahmed

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Die veränderten Bedingungen durch die SARS-CoV-2-Pandemie regen zu einem Überdenken vorherrschender Raumordnungen an. Die Notwendigkeit eines physischen Ortes des Austauschs wird offensichtlich, doch wie können solche Orte aussehen? Surja Ahmed untersucht welche Rollen Theater und Kunstvereine hier spielen, wie funktioniert an diesen Orten Begegnung und welchen Themen sollten sie Raum geben?

Magda Agudelo

Volks*theater-Vision für Cannstatt

Magda Agudelo sucht nach Bühnen im öffentlichen Raum: Was für ein Theater braucht Bad Cannstatt, der älteste Stadtteil Stuttgarts? Welche Geschichten wollen die Bewohner*innen erzählen oder sehen? Welche Formate passen zu diesen Geschichten? An welchen konventionellen oder alternativen Orten finden diese Geschichten ihren Platz?

Edan Gorlicki

Ghost Gestures

Seit 2015 entwickelt der israelische Choreograf Edan Gorlicki Stücke in Baden-Württemberg. In Arbeiten wie „Lucky Bastards“ und „Impact“ untersucht er gesellschaftliche Themen und die Verantwortung von Künstler*innen und Publikum. Sein Recherche-Projekt Ghost Gestures stellt die Frage, wie sedimentierte körperliche Erinnerungen und nicht inszenierte Bewegungen in der choreografischen Arbeit eingesetzt werden können.

Fender Schrade

Zuhören

Fender Schrade beschäftigt sich in seinem Projekt mit Zuhören als aktivem Prozess im Kontext von Musik/Klang und Theater. Wie kann Zuhören ein musikalischer/ künstlerischer Prozess sein? Schrade recherchiert u.a. nach Konzepten und Praxen des Zuhörens in öffentlichen Aufführungssituationen, speziell im Feld der zeitgenössischen Performance.

Gruppe CIS

Körper-Bild-Wert

Gruppe CIS ( Sabrina Schray & Judith Engel) flottiert als fluides Kollektiv interdisziplinär und mit unterschiedlicher Besetzung. Sie untersucht soziale Körperschaften im Spannungsfeld medialer Settings und gesellschaftlicher Szenarien. Während der Residenz arbeitet Gruppe CIS zum Material „menschlicher Körper“ anhand der Erstellung eines historischen Archivs und Strategien zum disruptiven Potential unseres Fleischs.

Für alle, die TAG Y, die Telefonperformace des VOLKSTHEATER RAMPE verpasst haben und für alle, die die Arbeit des Ensembles interessiert, gibt es nun die Audiodokumentation zum Making-Of der Performance und zur Gründung des VOLKS*THEATER-Ensembles.

VOLKS*THEATER RAMPE ist ein langfristig angelegtes Partizipationsprojekt, ein Nachbarschaftstheater aus Stuttgart-Süd, das zu historischen und aktuellen Geschichten aus dem Viertel recherchiert und gemeinsam Aktionen im öffentlichen Raum realisiert. Der Recherche-Prozess zum ersten großen Projekt und die Reflektion ist in drei Beiträge gegliedert.

TEIL 1 Das VOLKS*THEATER recherchiert in S-Süd

Was ist ein Platz und wofür wollen wir ihn nutzen?

Wir nehmen das Theater zum Anlass, unsere Nachbar*innen kennenzulernen, und sprechen breit gestreut mit Menschen aus dem Viertel über den Marienplatz: So hören wir davon, wie Hitler die Tübinger Straße entlangfuhr, von Angriffen auf die Kunst, von Aktionen der RAF in S-Süd, Entmietungen, von den immer mehr Raum einnehmenden Autos, von einer grünen Terrasse vieler Nationen, von Erlkönigen, von einem Botanischen Garten auf dem Marienplatz bis hin zum Tyrannosaurus Rex.

TEIL 2 Der erste Auftritt des VOLKS*THEATER RAMPE am Telefon

 „Hallo? Schön, dass Sie drangehen. Sind Sie bereit, können Sie mich gut hören?“ Lassen Sie sich von einem Zusammenschnitt unseres Stückes Tag Y auf eine kleine Reise durch Stuttgart-Süd mitnehmen.

Vom Theater Rampe aus, an der Kolbstraße vorbei, die Heusteigstraße entlang geht es die Römerstraße hinunter und weiter zum Marienplatz. Hören Sie „Geschichten, von denen wir annehmen sie sind wahr, die wir besser finden, die nicht vergessen werden dürfen“. Sind Sie bereit?

TEIL 3 Das VOLKS*THEATER redet über Ensemblearbeit

Alles fing an mit einem Bauwagen auf dem Marienplatz, hier haben wir uns alle kennengelernt.

Das Ensemble des Volks*theater redet über die gemeinsame Arbeit: Wie hat es angefangen und wo sind wir jetzt gelandet? Was ist bei uns hängengeblieben? Wie hat uns die gemeinsame Arbeit verändert? Oder hat sich S-Süd verändert?

Eine Audio-Dokumentation von Philine Pastenaci

Mit dem Volks*theater Ensemble: Magda Agudelo, Robert Atzlinger, Rosa Elidjani, Sara Dahme, Efthimios Gongos, Nina Gühlstorff, Dorothea Karapanagitidou, Justyna Koeke, Tanja Krone, Laurenz Leky, Paula Kohlmann, Conny Krieger, Moritz Martin, Philine Pastenaci, Farmanullah Qalandari, Amir Saadat, Benyamin Saadat, Alexander Sowa, Paria Tavakoli, Mehdi Tavakoli, Britta Wente

Gesprächspartner*innen: Siegfried Bassler, Wolfgang Jaworek, Gertrud Fischer, Gunda Wolta, Daniel Link, Paul Epp, Ingrid Bauz, Hans-Jürgen Lang, Berivan

Besonderer Dank gilt Samira Messner, Tomislav Knaffl und Medina Mohamed, die uns einen Teil unseres Weges begleitet haben.

Für zwei Wochen war Caroline Creutzburg im Rahmen einer FREISCHWIMMEN-Residenz auf unserer Probebühne zu Gast. Unter dem Titel „deep net dark hole fake rabbit“ beschäftigt sie sich mit der Archäologie des online-Seins und mit dem Internet als einem Ort der Orientierung und des Verpassens. Sie berichtet von ihrer Arbeit:

„Das Konzept zum Stück entstand vor dem Corona-bedingten Streamingwahnsinn – umso wichtiger ist mir gerade, das Thema jenseits des Screens zu verhandeln und darzustellen. Geplant ist ein Bühnen-Hör-Stück im Dunkeln mit meiner mikrofonierter Stimme im schemenhaften Surf-Setting und Versorgung der Zuhörenden mit Links ins Internet auf deren Smartphones. Im www geht man leicht verloren, man spricht vom Internet auch als ein ‚Rabbit Hole‘. Mich interessieren zum einen diese endlosen Weiten, auf die man bei einer einfachen Google-Suche stößt und die einen an die Grenzbereiche des Bedeutungslosen führen.

Gleichzeitig frage ich mich, wie ich eigentlich am so omnipräsenten Internet teilnehme – jenseits davon, als Konsumentin angeprochen zu werden. Und wie kann ich über das online-Sein nachdenken, ohne nur auf die ernüchternde Bilanz einer einstigen Utopie zurückgeworfen zu sein und das Internet auf eine kapitalistische Dystopie zu reduzieren? 

Meine Suche führt mich in die Gefilde der Internetkultur. Diese reicht von Forenbeiträgen zu trivialen Spezialthemen über user-generated video content und Memes bis zu elaborierter Netzkunst und Hacktivismus. Es ist eine reichhaltige Aktivität, deren Schichten und Dynamiken man als non-digital-native aber erstmal durchsteigen muss. Die Premiere ist geplant für den 5.2.2021 im Frankfurter Mousonturm.“

FREISCHWIMMEN ist eine internationale Austausch- und Produktionsplattform für junge Gruppen und Künstler*innen aus Theater und Performance. Sie wird getragen durch brut WienFFT DüsseldorfGessnerallee ZürichHochX MünchenLOFFT – DAS THEATER LeipzigSchwankhalle BremenSophiensæle Berlin und Theater Rampe Stuttgart.

FREISCHWIMMEN bietet mit ResidenzenWorkshop-Showings und Gastspielen und Labs einzelne Module, die je nach den Bedürfnissen der Künstler*innen und Kapazitäten der Häuser unterschiedlich kombiniert werden können.

VOLKS*THEATER RAMPE ist ein Nachbarschaftstheater aus Stuttgart Süd, dass sich mit aktuellen Themen und Fragestellungen im Viertel beschäftigt. Auch dem 15-köpfigen Nachbarschafts-Ensemble aus Stuttgart Süd, dem VOLKS*THEATER RAMPE, fällt es schwer, die Füße stillzuhalten. Über die Einladung von Andreas Vogel ins RAKETENRADIO XXL, haben sie sich daher sehr gefreut: Ab sofort gibt es monatlich kleine Beiträge in der Webradioshow, die live aus der Rakete sendet: Stimmen aus Stuttgart-Süd passend zur aktuellen Sendung. Am 12.11. gab es einen ersten gutgelaunten Beitrag zum Thema schlechte Laune. 

Die Mitglieder des VOLKS*THEATER-Ensembles zeichnen in einer Umfrage auf dem Marienplatz ein Bild von der Gefühlswelt der Menschen, die ihn bevölkern: Damit bleibt das Volks*theater seinem Grundgedanken treu, den Marienplatz besser kennenzulernen und mit der Nachbarschaft des Theater Rampe ins Gespräch zu kommen. Alte Menschen, junge Menschen, ein Taxifahrer, Schüler*innen, Imbissbudenbesitzer*innen – jede*r kommt zu Wort. Obwohl die Gemütslagen der Passant*innen sehr verschieden sind, bleibt doch ein recht zufriedener Gesamteindruck, schließlich ist das Wetter schön. Die alltäglichen Eindrücke vom Marienplatz können dem*der ein oder anderen schlecht gelaunten Zuhörer*in ein Lächeln aufs Gesicht zaubern – da sind wir uns sicher:

Das RAKETENRADIO geht das nächste Mal am 13.12. auf Sendung – mit einem Weihnachtskonzert CHRISTMAS TIME IS HERE!, einer Benefizsendung mit Max Braun, BRTHR, Long Lost Souls, Los Santos & Tremolettes.

Freitag, der 13. war in unserem Falle ein Glückstag. Endlich konnte das JUNGE VOLKS*THEATER nach einer langen (coronabedingten) Pause die Arbeit aufnehmen und eine erste Probe stattfinden lassen.

Bei diesem Projekt arbeiten wir mit jungen Menschen zusammen und wollen gemeinsam ein Theaterstück zum Thema „Marienplatz“ auf die Bühne des Theater Rampe bringen. Bereits in der ersten Probe war die Ideenwerkstatt in vollem Gange – einige Teilnehmer*innen brachten schon ihre ersten Ideen mit. Ein professionelles Filmset mit Greenscreen wurde aufgebaut, eine komplette Nachrichtensendung aufgenommen und die Teilnehmer*innen konnten sich selbst und die anderen in Aufwärmspielen besser kennenlernen. Außerdem wurde eine „Schatzkiste“ mit allen Ideen angelegt, auf die wir im Laufe der Proben immer wieder zurückgreifen können. Alles in allem ein erfolgreicher Auftakt mit motivierten Schüler*innen, der definitiv Lust auf mehr machte!

Schon lange wurden sie in der Rampe freudig erwartet, ursprünglich waren Termine im Mai geplant, die der Corona-Pandemie zum Opfer fielen. Nun der zweite Anlauf im Herbst, die Hotelzimmer waren gebucht, das Technikteam vorbereitet, doch mit dem erneuten Lockdown ab 2. November 2020 musste das geplante Gastspiel erneut abgesagt werden: She She Pops Performance KANON an der Rampe stand offensichtlich unter keinem guten Stern…

Zum Glück hatte die Performancegruppe längst eine coronataugliche Version erarbeitet, die bereits im Frühjahr in Berlin gelaufen war. Der TELEFON-KANON ist eine, wie der Name bereits sagt, Telefonperformance. She She Pop & friends erzählen mit Mut zur Lücke Erinnerungen an Theateraufführungen und auch die Anrufer*innen von ihren unvergesslichen Kunst-Erlebnissen mit und auf der Bühne erzählen. Diese werden kanonisch aufgeschrieben und sind auf der Rampe-Website veröffentlicht. Damit nicht vergessen wird, was nicht weitererzählt wird.