Endgame Stage@Play
Ein Einblick in den Hack@Stage-Workshop mit Prof. Friedrich Kirschner
Brainstorming, soziale Verknüpfung, Systematisierung. So beschreibt Friedrich Kirschner den Dreischritt mit dem unsere Workshopgruppe es in knappen eineinhalb Tagen von Null zum Live-Game-Test geschafft hat. Als Denkanstoß gibt er eingangs lediglich eine kurze Einführung darüber, was ihn an Spielen am meisten interessiert: deren Potential, ein System erfahrbar zu machen und zu hinterfragen. Danach brainstormen wir fünf Workshopper ohne einschränkende Vorgaben darauf los, sammeln Berufe, Konflikte und Spielmöglichkeiten. Diese denken wir direkt mit zur Verfügung stehenden Örtlichkeiten zusammen. So ist alles von Anfang an greifbar, auch die Ideen, von denen man sich später wieder verabschiedet, ganz ohne Schmerz, denn was keine Verknüpfungspunkte ermöglicht, hat in diesem Game eben keinen Platz.
Kirschner gibt immer zum richtigen Zeitpunkt einen Impuls von außen, sodass die Kreativität nicht zum erliegen kommt. Aber die Ideen kommen von uns, das ist ihm wichtig. Als sich das Grundkonzept unseres Games herauskristallisiert, wird keine Sekunde gezögert. Das Gerüst darf nicht am Schreibtisch entstehen, sondern vor Ort. Also erkunden wir den Marienplatz und was gerade noch fixe Idee war, wird nun Handfest. Wir nisten uns ein im öffentlichen Raum, mit einem Rundgang, der fast zehn Gehminuten in Anspruch nehmen könnte. Die unterschiedlichen Stationen werden festgelegt und damit auch die Scheidewege, mit denen das Game seine Spieler konfrontiert. Agency, nennt Kirschner diese Konsequenz, die die Entscheidung der Spieler auf den weiteren Verlauf des Games für sie hat. So wird kein Spieler mehr als die Hälfte der Spielmöglichkeiten austesten können, weil jede Entscheidung, die er trifft nicht nur neue Wege eröffnet, sondern auch andere verschließt.
Das scheint die Spieler beim Game-Test anzuspornen. Sie merken, dass es mit jedem Schritt, den sie machen, wirklich um etwas geht und sind mit vollem Ehrgeiz bei der Sache. Sie müssen im Bergwerk Zuckerwürfel malen und zur Weiterverarbeitung transportieren. Dabei müssen sie vor dem Oberaufseher auf der Hut sein, der widerspenstige Arbeiter in seinem Lager mit einer Cola-Dusche aus dem Spiel spritzt. Wenn sie Glück haben bietet sich ihnen durch Schleuser eine Fluchtmöglichkeit oder sie bilden eine Résistance gegen das System. Dann ist wieder alles möglich.
So war der Game-Test nicht nur für die Spieler spannend, sondern auch für uns Workshopper. Am Abend tauschen wir uns mit Kirschner noch lange über das Spielerverhalten aus, das wir an den einzelnen Stationen erlebt haben, an denen wir stationiert waren. Erst jetzt wird ein Gesamtbild spürbar, aber gerade, dass es nicht ganz greifbar wird, macht den Reiz aus.
BB